13.02.2018
Wie schon gelegentlich an anderer Stelle erwähnt wurde, soll mein Katamaran trotz seiner Größe einhandtauglich werden. Es ist wohl wenig überraschend, dass das nur mit einem recht hohen Einsatz an technischen Hilfsmitteln möglich sein wird.
Die speicherprogrammierbare Steuerung (SPS) wird alle technischen und zum Teil navigatorische Aspekte steuern, also
Darüber hinaus wird sie die Bedienoberfläche für all diese Komponenten bereitstellen damit auch hier Industriehardware zum Einsatz kommen kann.
Abbildung 1: Testaufbau Bachmann SPS
Somit benötigt der Katamaran eine zuverlässige SPS aus der Industrieautomatisierung,
die 24/7 die
Technik des Katamarans überwacht, steuert und regelt. Es sollte auch klar sein,
dass man ein derartig komplexes Gebilde nicht mit einer Spielzeugsteuerung vom
Elektronikdiscounter ausrüsten kann oder besser noch mit dem Yachtzubehör
,
womit ich die üblichen Heimwerkerlösungen von Yachtelektronikherstellern oder sonstige
Chinakracher meine.
Die Anforderungen an Zuverlässigkeit und Erweiterbarkeit lassen nur eine professionelle
speicherprogrammierbare Steuerung zu.
Die üblichen Verdächtigen
wären da sicher Siemens oder Beckhoff. Allerdings
ist mir bei diesen Systemen der Overhead zu groß. Es musste also eine Steuerung sein,
die bereits erfolgreich im Schiffsbau eingesetzt wird (GL Zulasssung) und dennoch
so nah am Geschehen ist, dass auch so ein kleines Projekt wie meines nicht komplett
durch das Raster fällt.
Auf der SMM in Hamburg bin ich schon vor ein paar Jahren fündig geworden: Die Firma Bachmann aus Feldkirch in Österreich stellt kleine, zuverlässige Steuerungen her, die sich sehr umfangreich mit I/O-Modulen ausstatten lassen.
Seit letztem Jahr bin ich stolzer Besitzer einer solchen Steuerung mit einigen
I/O-Modulen, die ich für Lern- und Testzwecke angeschafft habe. Die Konfiguration
umfasst ein Prozessormodul (MX220), ein CAN-Bus-Modul (CM202), zwei Digitale I/O-Module
(DIO216), ein analoges
I/O-Modul (AIO216) und ein universelles I/O-Modul (GIO212). Letzteres ist ist
eine eierlegende Wollmilchsau
: Es beherrscht digitale und analoge I/Os, PWM
Output, ... und das alles per Software konfigurierbar. Das CAN-Bus-Modul ist
sehr flexibel einsetzbar: Neben CANOpen spricht
es J1939
(Standardprotokoll aus dem Bereich von Verbrennungsmotoren) und NMEA2000, was dem
Segler vertraut sein dürfte. Das ist natürlich kein Zufall, sondern war eines
meiner Auswahlkriterien, um neben allen CANOpen-Sensoren/Aktoren aus dem Industriebereich
auch die Generatoren und die diversen NMEA2000-
Sensoren (GPS, Logge, Tiefe, Wind, ...) aus dem Yachtbereich einbinden zu können.
Abbildung 1 zeigt meinen Testaufbau. Oben ist die SPS mit den Modulen sowie ganz
links das 24V Netzteil zu sehen. Der orange-farbene Kasten rechts unten ist das
Empfängermodule der HBC Fernsteuerung.
Dank der hervorragenden
2-tägigen Schulung, die ich im letzten Herbst am Firmensitz in Österreich erhalten habe,
konnte ich bereits meine industrielle Fernsteuerung
in Betrieb nehmen und programmieren. Im Rahmen dieser Schulung wurde mir auch am
lebenden Objekt
vorgeführt, was Qualitätsfertigung aus Europa bedeutet:
Die SMD-Platinen werden vor Ort bestückt, die Gehäuse nach thermischen Gesichtspunkten
vor Ort CNC-gefräst und ALLE Module zu 100% für zwei Tage in der Klimakammer im
laufenden Betrieb getestet. Man kann sich also darauf verlassen, dass alle Module
erwiesenermaßen fehlerfrei funktionieren, wenn sie den Hersteller verlassen.
Dass es dann immer noch Schlaumeier gibt, die die Dinger kaputt bekommen, weil sie
meinen, man könnte I/O-Module im laufenden Betrieb austauschen, obwohl das in der
Spezifikation explizit untersagt ist, kann getrost unter RTFM (read the friendly
manual) abhaken. Aber selbst dann ist nicht das Ende der Fahnenstange erreicht:
Fa. Bachmann repariert die Module selbst.
Abbildung 2: SPS Arbeitsplatz
Die Programmierumgebung basiert auf Eclipse und wäre mit ein paar Modifikationen sogar unter Linux lauffähig, aber bisher war die Nachfrage danach noch nicht groß genug. Deshalb läuft die Entwicklungsumgebung stand heute leider nur unter Windows. Die Entwicklungsumgebung, das SolutionCenter, umfasst neben der I/O-Konfiguration für alle angeschlossenen Module inklusive der Busmodule (z.B. CAN) eigentlich zwei Entwicklungsumgebungen: M-PLC und die Neuentwicklung PLC Developer. Während man den M-PLC in allen IEC 61131-3 Programmiersprachen, also mit
programmieren kann, ist bei PLC Developer bisher nur die textbasierte Sprache
structured text (ST)
implementiert. ST ist eine PASCAL-ähnliche Sprache,
die dem Computerprogrammierer entgegenkommt, der primär nicht in parallelen Abläufen
und Prozessen denkt, was aber nicht heißt, dass man parallele Prozesse dmit nicht
programmieren kann. Weiterhin umfasst die Entwicklungsumgebung einen Debugger, mit
dem man den Programmablauf direkt auf der mit Ethernet verbundenen Steuerung verfolgen
und auch im laufenden Betrieb beeinflussen kann, indem man z.B. Variablen ändert. Mit
dem Program WebMIPro kann man auf der Steuerung einen Webserver installieren und so
programmieren, dass er die Bedienoberfläche bereitstellt, wobei skalierbare SVG-Grafik
zum Einsatz kommt.
Abbildung 2 zeigt meinen SPS-Arbeitsplatz mit dem Programmiersystem (Laptop mit 24" Monitor), den Sender der Fernsteuerung (links unten) und die SPS.